As Time Goes By

Journalismus im Spiegel der Zeit

09.06.2016

Monika Zimmermann, Lorenz Maroldt, Ernst Elitz, Hans-Ulrich Jörges, Richard Hilmer

Zwischen Medien und Politik
Wenn Journalisten über Journalismus diskutieren wird es richtig munter. Befördert die zunehmende Digitalisierung den Untergang der Zeitungen oder führt sie ihnen neue Leser zu? Über eine derartige Frage konnte in der kleinen Diskussionsrunde, die Ernst Elitz moderierte, keine Einigkeit erzielt werden. Einig war man sich da schon eher, dass auf den (guten) Journalismus heute noch ganz andere Gefahren lauern: Denn das Vertrauen der Leser, Hörer, Seher in die medialen Angebote schwindet. Das böse Wort von der „Lügenpresse“, das durch die Welt geistert, ist dafür nur ein Indiz. Dass an diesem Vertrauensverlust, den der Demoskop Richard Hilmer mit Zahlen zu belegen wusste, die Journalisten selber nicht ganz unschuldig sind, auch darüber wurde an diesem Clubabend in seltener Offenheit gesprochen: Unter dem zunehmenden Zeit- und Konkurrenzdruck wird vielfach zu schnell, zu flüchtig, zu gleichförmig berichtet: Handwerkliche Maßstäbe, die jahrzehntelang gegolten haben, werden zu oft sträflich vernachlässigt.

Anlass für dieses Nachdenken über die eigene Profession war eine Buchvorstellung. „Unter lauter Leuten. Von grauen Eminenzen und bunten Vögeln, von hohen Tieren und Menschenfischern“ heißt die neueste Veröffentlichung der BPC-Vorsitzenden Monika Zimmermann. Lorenz Maroldt stellte das Buch an diesem Abend im Innenhof der Berliner Dependance der F.A.Z. im Gespräch mit der Autorin vor. Die ehemalige Chefredakteurin, die zu ihrer eigenen Überraschung plötzlich Regierungssprecherin wurde, schilderte durchaus launig ihre Begegnungen zwischen Medien und Politik, etwa wie sie mit Angela Merkel in einer Moskauer Kneipe sass, als noch niemand ahnte, was aus ihr werden würde, und wie sie Erich Honecker im Schauspielhaus am Gendarmenmarkt beim Small Talk belauschte. Der Verleger Alfred Neven DuMont zum Beispiel kommt in dem Buch als eifriger Faxe-Versender vor, was Maroldt zu der Frage brachte, was für Chefredakteure eigentlich besser sei – Nähe oder räumliche Distanz zum Verleger? Bezogen auf Dirk Ippen war für Monika Zimmermann die Sache klar: Mit ihm kam sie bestens aus, solange er in München und sie in Hamm beim „Westfälischen Anzeiger“ residierte. Für Alfred Neven DuMont spielte das keine Rolle: Er stellte mit Hilfe seiner Faxe überall Nähe her. Die persönlichen Erlebnisse mit lauter Leuten waren an diesem Abend das eine, das andere war die Rückbesinnung auf das Tun der eigenen Branche.

Bilder des Abends

19.11.2008

Eva Corell und Dietmar Schulz

China einst und jetzt
Selten wurde so deutlich, wie sich die Zeiten änderten in China in den zurückliegenden drei Jahrzehnten!
dpa- und ZDF-Korrespondent Dietmar Schulz sah noch den langen Schatten Maos über dem Reich der Mitte, erlebte die spektakuläre Wende zum wirtschaftlichem Kapitalismus bei gleichzeitiger theoretischer Beibehaltung des kommunistischen Überbaus unter Deng. Eva Corell, die perfekt Chinesisch spricht und die Übergabe Hong Kongs für die ARD beobachtete, später bis 2007 Hörfunkchefin im ARD-Studio in Peking war, sah das Land der Mitte nicht mehr überwiegend in schwarz-weiß, sondern mit immer mehr Zwischentönen. Einhaltung der Menschenrechte und/oder wirtschaftliche Zusammenarbeit mit China - das war auch für Kerstin Lohse-Friedrich das Thema in ihrer Zeit als Wirtschaftskorrespondentin in Shanghai in den Jahren 2000-2005. Fazit: eine spannende und gleichzeitig vergnügliche Geschichtsstunde über China, die Körpersprache der Diskutanten beweist es.
Foto: Vincent Mosch
16.04.2008

Stephan Detjen und Jochim Stoltenberg

Bonn bleibt nicht Berlin
Als politischer Korrespondent in der Hauptstadt Bonn - als politischer Korrespondent in der Hauptstadt Berlin. Wie unterschiedlich waren und sind politische Kultur und Stil, Arbeitsbedingungen und Informationsbeschaffung in der kleinen Stadt am Rhein und in der großen Stadt an der Spree? Jochim Stoltenberg, damals wie heute für die "Berliner Morgenpost" tätig, und Stephan Detjen, der für Deutschlandfunk und Deutschlandradio Kultur berichtet, waren sich einig: In Bonn war es persönlicher, überschaubarer, der Kontakt zur Politik noch recht einfach und "unter drei" noch zuverlässig. War deshalb alles besser? Natürlich, sagt Joachim Stoltenberg, vor allem die Feste in den Landesvertretungen! Am Ende einer informativen Debatte, an der sich auch Studenten der Berliner Journalistenschulen beteiligten: Stoltenberg lebhaft, Detjen skeptisch, Moderatorin Evelyn Fischer zufrieden.
Foto: Vincent Mosch
18.04.2007

Richter, Pragal, Jauer, Holtz, Baum

Berlin bleibt nicht Berlin
Massenauftritt ehemaliger DDR-Korrespondenten auf dem Podium von "As time goes by...": Claus Richter (ARD), Peter Pragal (Süddeutsche, Stern), Joachim Jauer und Joachim Holtz (ZDF), Karl-Heinz Baum (Frankfurter Rundschau). Thema: Wie schüttelte man bei der Berichterstattung die Stasi-Bewacher ab? Wie schützte man die Quellen, die einem verbotener Weise Informationen über Bürgerrechtsbewegung und Protestler gegen das SED-Regime zukommen ließen? Welchen Beitrag haben die westlichen Medien zur DDR-Wende und ihrem Ende geleistet? Wie haben wir den Mauerfall erlebt und darüber berichtet? Es war eine große Geschichtsstunde!
Foto: Vincent Mosch
22.11.2006

Peter Merseburger und Christoph von Marschall

Washington ist nicht Berlin
Es war einer der großen Klassiker unserer Reihe "Auslandskorrespondent einst und jetzt". Journalismus-Legende Peter Merseburger (Jahrgang '28) und Chrstioph von Marschall (Jahrgang '59) berichteten, wie man als Deutscher einst und jetzt aus Washington informierte. Merseburger, ARD-Studioleiter in der US-Hauptstadt 1977-1982, holte Längstvergessenes ins Bewusstsein zurück, etwa den Krach zwischen Präsident Carter und Bundeskanzler Schmidt wegen der geplanten Neutronenbombe. Von Marschall, seit 2005 US-Korrespondent des "Tagesspiegel", schilderte, wie unendlich viel schwieriger die Informationsbeschaffung im Vergleich zu Merseburgers Zeiten geworden ist. Sogar für ihn, damals einziges deutsches Mitglied im White House Press Corps.
Foto: Vincent Mosch
26.01.2006

Peter Frei und Theo Koll

London auch nicht
Auf der dritten Sitzung der noch jungen Veranstaltungsreihe ging es um den Korrespondentenplatz London. Peter Frei war in den siebziger Jahren Hörfunkkorrespondent für eine Gruppe von ARD-Sendern; Theo Koll berichtete in den neunziger Jahren für das ZDF aus Großbritannien. Was für ein Abend! Peter Frei schilderte seine Live- Berichterstattung der Hochzeit von Prinz Charles und Lady Di. Er lag auf dem Fußboden, da eines seiner Technikkabel zu kurz war - das Publikum lag ebenfalls auf dem Boden, aber vor Lachen. Auch Theo Koll konnte Royales beisteuern, es ging aber durchaus auch um Ernsthaftes, wie etwa die ständigen Bombendrohungen der IRA damals in London. Peter Frei fasste den Abend so zusammen: "Anschließend trinkt man mit den Gästen ein Glas Wein. Theo Koll...wurde um Autogramme gebeten, ich als Hörfunkmann nicht mal um eine Stimmprobe aufs Handy. Da musste noch ein Wein her."
Foto: Vincent Mosch
11.05.2005

Peter Pragal und Ralf Bachmann

Ost-Bonn und Berlin West Ost
Ein innerdeutsches Korrespondenten-Gespann bildeten Peter Pragal und Ralf Bachmann. Pragal war vor, während und nach dem Fall der Mauer Korrespondent in Ost-Berlin für die "Süddeutsche Zeitung" und den "Stern". Bachmann vertrat die DDR-Nachrichtenagentur ADN von 1981 bis 1986 in Bonn. Das Zusammentreffen vor dem in deutsch-deutschen Fragen besonders sensiblen Berliner Publikum 18 Jahre nach Mauerfall war etwas ganz Besonderes. Ein Teilnehmer sagte in der Diskussion, das seien damals zwei Korrespondenten in Deutschland gewesen, jeder für sich mittendrin und doch jeweils außen vor.
Foto: Vincent Mosch